Freitag, 17. Mai 2013

Berge und Erinnerungen

Mittwoch 15.05. Okay theoretisch gibt es hier zwar WLAN, aber in meinem Zimmer, im zweiten Stock am Ende des Flurs .. tja, da tut's nicht. Also nur schreiben und dann, wenn ich morgen zuhause bin, online stellen. Auch gut.

Wobei der Tag schon damit anfing, dass ich kurz davor war meinen Laptop ernsthaften Schaden zuzufügen. Das Internet ging nicht richtig und obendrein war der Rechner super langsam und das ist etwas wofür ich überhaupt keine Geduld aufbringen kann ... argh ... ich gebe auf. Das Frühstück ist dafür super, es gibt viel (heissen) Kaffee und das entschädigt mich für die morgendlichen Computerprobleme.

Routiniert packen wir das Auto und los geht's. Heute Vormittag wollen wir durch den Harz fahren. Ich war noch nie hier und weil meine Eltern immer so viel davon erzählen, will ich ihn nun auch sehen. Für die Norddeutschen ist der Harz das nächstgelegene 'Gebirge' und somit schon immer ein beliebtes Ausflugsziel gewesen. 
Als Schulkinder war meine Mutter sowie auch mein Vater hier im 'Schullandheim'. Später - als junge Erwachsene - war meine Mum hier zum Felsklettern und wandern, mein Vater fuhr mit dem Rad durch die Gegend (sie sind sich aber nie begegnet, dafür mussten sie beide erst nach Afrika auf eine entlegene Missionsstation in den Usambara Bergen gehen). Auch als junge Familie mit meinen älteren Geschwistern nebst Oma waren sie hier ... So haben sie natürlich auch viel zu erzählen und fast jeder Ort birgt eine Erinnerung.


Irgendwo überfahren wir die ehemalige Grenze. Heute nicht mehr vorstellbar, dass hier mal alles vermint war. Mein Vater erzählt mir, dass man zwei Jahre brauchte um alle Minen zu entfernen. Glücklicherweise hatten die Verantwortlichen der DDR genau Buch geführt, wo diese deponiert wurden ... Jetzt deutet nur noch ein Schild am Strassenrand auf die Grenze hin - aber es gibt keinen Platz zum Halten, also auch kein Foto.
 
In Braunlage sind wir inzwischen auf 650 m hoch und halten kurz an. Von hier fährt eine Seilbahn auf den Wurmberg. Wir wollen nicht dort hoch, hatten aber gehofft, dass es an der Station - wo es gut 300 Parkplätze gibt - vielleicht auch eine öffentliche Toilette ist. Aber - wie so oft in Deutschland - Fehlanzeige. Also das ist eines der wenigen Dinge, die die Amerikaner uns voraus haben. Denn dort gibt es, gerade an solchen Touristenplätzen, immer genügend WCs.

Auch in Clausthal-Zellefeld machen wir einen kurzen Stop. Hier gibt es eine der grössten Holzkirchen der Welt und Mami und ich lassen es uns nicht nehmen diese zu besichtigen. Faszinierend, würde Spock sagen.

Der Harz ist nicht sehr gross, aber landschaftlich wirklich schön. Die Strassen winden sich durch die Wälder und sind relativ gut ausgebaut. Dies zieht natürlich auch eine Menge Motorradfahrer an. Leider beherrscht nicht jeder die Kunst des Kurvenfahrens und Unfälle sind wohl fast unvermeidlich. Auch heute sehen wir wieder einen. Glücklicherweise scheint niemand etwas Ernsthaftes passiert zu sein, nur das Moped liegt unter der Leitplanke eingeklemmt. Ich bekommen immer ein flaues Gefühlt im Magen, wenn ich so etwas sehe. Erinnerungen werden wach an meine eigene Motorradfahrerzeit und einen Unfall der damals - zum Glück - auch relativ glimpflich ausging ...

Richtung Göttingen kommen wir wieder in die Ebene runter. Kurz verfahren wir uns, dank mir, weil ich meinen Dad in eine falsche Strasse lotse. Aber einmal U-Turn und wir sind wieder auf Kurs. Ab hier folgen wir nun der B27, die uns theoretisch bis vor die Haustür bringen würde. Doch heute wollen wir noch nicht so weit.
Als wir durch den Ort 'Friedland' fahren, erzählt mein Vater mir, dass dort ein grosses Auffanglager ist. Angefangen hatte es mit den Kriegsgefangenen, die nach dem Weltkrieg aus Russland heimkehrten und hier erstmal 'erfasst' wurden und rausfinden konnten, wohin es ihre Familien verschlagen hatte. Später nutzte man das Lager für die Asylantenströme der frühen 80er Jahre. Und als die ersten DDR-Flüchtlinge in den Westen kamen, errichtete man das Grenzdurchgangslager. Noch heute gibt es das Areal, nach dem Motto, man weiss nie, wann die nächste 'Welle' Menschen aus irgendeinem Land fliehen muss ...

Über Eschwege, nach Fulda. Die Landschaft ist hügelig, aber die Sonne scheint uns und so sieht alles schon sehr sommerlich grün aus. Eine kurze PP am Waldrand. Und während wir in Richtung Karlstadt weiterfahren, essen wir die restlichen kandierten Früchte aus Westerland und ein paar Salzstangen. Richtiges Essen gibt es erst wieder am Abend.


Für die letzte Nacht on the road hatte ich ein besonders schön gelegenes Hotel ausgesucht. Die Buchenmühle bei Lohr (kurz vor Würzburg). Dank Google Map finden wir auch die Strasse, die dorthin führen soll. Doch nach 2 km durch den Wald fahren sind wir nicht mehr sicher, ob wir wirklich noch richtig sind, bis wir plötzlich durch die Bäume ein Haus sehen. Und tatsächlich, das Landhotel. Kurz gibt es etwas Verwirrung, weil die Dame an der Theke/Rezeption meine Reservierung nicht finden kann und das Gasthaus scheint ziemlich ausgebucht zu sein. Bloss keine Panik. Und als ich den Hund erwähne, erinnert sich die Bedienung dass sie mit mir telefoniert hatte. Zum Glück gibt es auch noch zwei Zimmer für uns. Allerdings sind die im zweiten Stock - ohne Fahrstuhl natürlich - was meinen Vater nicht so begeistert (er hat Schwierigkeiten Treppen zu steigen). Aber ich bin es ja von zuhause gewohnt und trage die Taschen nach oben.

Wildromatisch in einem Tal gelegen - natürlich an einem Bach, von wegen Mühle und so - ein einladendes Haus mit grossem Biergarten. In diesem lässt mein Dad sich auch gleich nieder. Zwar hat es sich etwas bewölkt, aber die Temperaturen sind immer noch angenehm mild.
Mami und ich beschliessen noch eine Runde spazieren zu gehen. Natürlich nehmen wir Clyde auch mit, der sich im Wald gleich wieder ein paar Zecken einfängt - irgendwie taugt das Anti-Zecken-Mittel nicht viel.
Oberhalb des Tal liegt die Wallfahrtskirche 'Maria Buchen' und die möchten wir gerne anschauen. Wir haben Glück und das Gotteshaus ist offen. Ich zünde ein Kerzlein an und wir geniessen noch ein wenig die Waldluft und Aussicht, bevor wir uns an den 'Abstieg' machen.

Da es immer noch warm genug ist, setzen wir uns zu meinem Dad und bestellen das Abendessen. Doch kaum sind wir zu Hälfte fertig, fängt es an zu regnen. Zum Glück sitzen wir unter einem grossen Schirm, aber als die Teller leer sind, zieht es uns doch nach drinnen. Im Kaminzimmer trinke ich noch gemütlich einen Pfefferminztee und meine Eltern einen Verdauungsschnaps und wir lassen den Abend ausklingen.

Später im Zimmer habe ich dann irgendwie keine grosse Lust mehr zu schreiben. Das Internet funktioniert auch nicht und so klappe ich den Schleppi zu und schaue noch ein bisschen fern bis mir die Augen zufallen. Clyde schläft schon längst und zappelt, während er träumt, mit den Pfoten ...

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