Freitag, 10. Mai 2013

Luftveränderung


Freitag 09.05. Trotz eines doppelten Esspresso nach dem Essen fielen mir um kurz nach neun die Augen zu und ich beschloss das Fernsehen auszuschalten und zu schlafen. Ich träumte etwas wirr, was aber dem recht guten Schlaf keinen Abbruch tat ... zunächst. Doch gegen 3 Uhr wachte ich auf und konnte partout nicht mehr wieder einschlafen. Im Gegensatz zu Clyde, der sich noch nicht rührte. Keine meiner üblichen Methoden (wie Schäfchen zählen) half und gegen 4.30 gab ich auf. Ich wusch mich und zog mich an - und sehnte mich nach einer guten Tasse Kaffee. Aber für den Moment musste ich mich mit Leitungswasser begnügen und stellte fest, es hat irgendwie nicht die gleiche Wirkung ...
Wir hatten uns zu um acht zum Frühstück verabredet. Ich ging etwas früher runter, nahm schon mal meine fertig gepackte Reisetasche mit um sie ins Auto zu stellen und ging dann in den Frühstücksraum. Und endlich bekam ich Kaffee - und davon reichlich. Da bin ich doch gleich wieder ich. Wir frühstückten in tollem Ambiente, denn der Raum ist ein überdachter Innenhof. Sehr hell und freundlich und durch die geöffneten Fenster hoch oben blinzelten Sonne und blauen Himmel. Na dann konnte der Tag ja kommen. 

Noch in Zeven fuhren wir erstmal zu einer Apotheke. Ich hatte mir vor ein paar Tagen mit neuen Schuhen eine Blase gelaufen und nun tat sie in den zwar nicht zu engen, aber doch kompakten Turnschuhen bei jedem Schritt weg. Blasenpflaster musste her. Mir ja bestens von meiner Pilgerreise bekannt.
Und schon waren wir wieder unterwegs. Durch das schöne Land, entlang von Feldern, auf denen teilweise noch nur die satte braune Erde zu sehen war, und Wald in frischem leuchtendem Grün. Die für die Gegend typischen Strassen, rechts und links gesäumt von grossen Bäumen. Ich sah sogar zwei Rehe, aber bis ich meinen Fotoapparat rausgekramt hatte waren wir längst vorbei gefahren. Ich finde immer, wenn man so vor sich hinfährt ist das sehr erholsam für den Geist - vor allem wenn man hinten sitzt. Ich brauche an nichts zu denken, kann einfach für eine Weile das Gehirn ausschalten und nur meine Sinne fliessen lassen: sehen, riechen, hören ....


Nach gut einer Stunde Fahrt erreichten wir Hamburg. Hier war definitiv weniger grün, dafür mehr Verkehr. Rechts und links der Autobahn ist der riesige Containerhafen, der immer wieder imponiert. Ich weiss zwar in der Theorie, wie es funktioniert, trotzdem fasziniert es mich, wie die es schaffen, dass sie in der Menge tausender Container den richtigen zum Verladen finden.

Schon ging's in den Tunnel unter der Elbe durch. Und kurze Zeit später die Ausfahrt. Unser Weg führte direkt nach Barnstedt zum Friedhof. Die Gräber meiner Grosseltern mütterlicherseits sind hier. Ein bisschen trockene Zweige abschneiden, umgekipptes wieder hinstellen und einen neuen Blumentopf platzieren. Noch ein Foto und Mami und ich nutzten die Gelegenheit, dass es hier öffentliche Toiletten gibt.

Wir wären ja gerne noch mal zum Hafen gefahren oder an die Landungsbrücken oder einfach eine Stadtrundfahrt, aber da just an diesem Tag Hafengeburtstag ist, sparten wir uns das. Schon in den Nachrichten hatten sie gesagt, wo überall alles gesperrt ist und in einer Grossstadt wie Hamburg, wo wir uns ja doch nur bedingt auskennen, kein wirkliches Vergnügen. 
So ging's ab auf die Autobahn gen Heide. Weiter nach Norden. Das Wetter ziemlich typisch für die Gegend. Sonne und Wolken wechselten sich ziemlich schnell ab und es wehte eine 'steife Brise'. Im schönen Städtchen Tönningen an der Eider machten wir Halt. Ein kleiner gemütlicher Hafen. Dad nutzte die Zeit seine Pfeife zu putzen und meine Mutter, Clyde und ich machten einen Spaziergang auf dem Deich.
Inzwischen war es doch ziemlich stürmisch geworden und wir mussten uns kräftig gegen den Wind stemmen.

wo ein Deich ist, dürfen Schafe nicht fehlen
Wir hatten es nicht eilig und so fuhren wir noch einen kleinen Umweg zum Eiderstedter Sperrwerk. Eine riesige Schleuse mit mächtigen Toren. Diese werden bei Sturmflut geschlossen um das Hinterland vor Überschwemmungen zu schützen, da die Einmündung der Eider von der Nordsee her ziemlich breit ist. Mein Vater meinte, es war damals ein Projekt vergleichbar mit Stuttgart 21 - so gross, so aufwendig, so teuer ...
An der Fischbude auf dem Parkplatz gönnten wir uns noch ein Krabbenbrötchen. Lecker. Wobei Clyde nur die Nase kraus zog - er hätte wohl lieber ein Stück Fleisch statt Fisch gehabt.

Husum ließen wir links liegen. Unser nächstes Ziel Dagebühl. Von hier aus fährt die Fähre zu den Inseln Föhr und Amrum. Man kann auf der Mole parken und gemütlich im Auto sitzend den Schiffen zusehen.


Ausserdem gibt es einen schönen Weg direkt entlang des Wassers. Mein Vater nutzte ersteres, Mum Clyde und ich natürlich letzteres. Ich hatte Clyde eigentlich versprochen er dürfe heute Wattwürmer suchen gehen, aber da erstens gerade Flut war und zweitens eine ziemlich unruhige See, liess ich ihn lieber nicht ans bzw. ins Wasser. Wäre wohl auch etwas kalt gewesen! Er hatte auch genug damit zu schaffen gegen den Wind zu laufen. Ich persönlich liebe Wind. Ich habe dann immer das Gefühl, dass mein Gehirn mal so richtig durchgeblasen und erfrischt wird. Und nach einer Weile gewöhnt man sich dran und es ist überhaupt nicht unangenehm. Auch hat Wind den Vorteil, dass er die Wolken wegbläst und es kam immer mal wieder die Sonne durch.

So hatte wir uns heute von der Zevener Waldluft über den Hamburger Stadtmief zu einer frischen Meeresbrise durchgehangelt. Luftveränderung soll ja gesund sein...

Es war schon fast fünf und Zeit sich Richtung Nachtquartier aufzumachen. Dies bezogen wir heute in Stedesand, im Landhotel Deichgraf. Meine Eltern haben hier schon öfter genächtigt und dank einer Vorreservierung hatten wir auch zwei Zimmer bekommen, die wir gleich mal bezogen. Ich besorgte mir noch das Passwort um das WLAN zu nutzen. Nicht nur damit ich meine Blogbeiträge online stellen kann, sondern auch weil wir noch nach Hotels für die nächsten Tage schauen wollten ...

Später gab's na klar auch noch Abendessen. Ich hatte mich schon den ganzen Tag auf Fisch gefreut und so verspeiste ich eine riesige sehr leckere Scholle. Wie sich das am Meer eben gehört.
Die viele frische Seeluft heute hatte mich müde gemacht und kurz nach neun schlummerte ich tief und fest.

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